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Aus der roten Zone

Es ist Dienstagmorgen. Das Zanhotel Tre Vecchi im Zentrum Bolognas ist wie ausgestorben. Die weißen, prunkvollen Bänke im Eingang des hellen Vier-Sterne-Hotels stehen leer. Von 100 Betten sind aktuell nur 4 belegt. Giacomo steht gelangweilt am Tresen. Der junge Rezeptionist im weißen Hemd wartet auf neue Besucher, die aber wahrscheinlich nicht kommen werden. ,,Es gibt kaum noch Touristen in Bologna‘‘, erzählt er niedergeschlagen. Niemand möchte Italien mehr besuchen. Alle Buchungen werden gecancelt, Neubuchungen gibt es schon seit der letzten Woche nicht mehr.


Seit der Ansprache des italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte am Montagabend gelten in ganz Italien verstärkte Regulierungen. Die Ein- und Ausreise ist nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Zudem sind die Universitäten, Museen und Schulen bis zum 6. April geschlossen. Bars und Restaurants dürfen nur noch von 6-18 Uhr geöffnet sein. Darüber hinaus wird empfohlen einen Abstand von einem Meter zu anderen Personen zu halten.



Das hat Auswirkungen auf eine Stadt wie Bologna. Nur wenige Personen tummeln sich in den Cafés und Restaurants rund um den Piazza Maggiore. Auch auf den Straßen sind nur vereinzelt Menschen zu sehen. Die Cafés und Geschäfte sind kaum besucht. Einzig und allein in den Supermärkten scheint sich nichts verändert zu haben. Hier wird in normalen Verhältnissen eingekauft. Scheinbar versuchen die Italiener ihren Alltag wie gewohnt zu gestalten. Doch das bedeutet nicht, dass die Menschen nicht in Panik sind.


,,Jeden Tag gibt es neue, teilweise widersprüchliche Informationen über die Verbreitung und Gefahr des Virus. Ich weiß nicht, was ich glauben soll‘‘, erzählt Giacomo verwirrt. Angst vor dem Virus habe er zwar nicht, trotzdem wolle er nicht leichtsinnig sein. Er habe seinen Lebensstil verändert. Nach seiner Schicht im Hotel gehe er direkt nach Hause, verzichte auf den Besuch von Bars und Restaurants und treffe generell nur wenige Freunde. ,,Es ist wichtig, dass alle nun zuhause bleiben und die Regeln befolgen. Dann werden wir auch in zwei oder drei Monaten zur Normalität zurückkehren können ‘‘.


Daran glaubt Francesca nicht. Ihrer Meinung nach unterliege Bologna schon jetzt einem starken Wandel. ,,Ich frage mich, wann das wieder normal sein wird‘‘. Sie bemerke die Panik der Menschen. Die kleine Apotheke nahe Bolognas Wahrzeichen, der Due Torri, in der sie arbeitet, ist in letzter Zeit ungewöhnlich stark besucht. ,,Die Menschen kommen am frühen Morgen und kaufen Medikamente für sich oder ihre Verwandten. Dann gehen sie wieder nach Hause‘‘, erzählt die Apothekerin.


Das starke Aufkommen mache ihr aber nichts aus. Die blonde Frau Mitte 50 im weißen Kittel, steht entspannt hinter der Theke der Apotheke. Ihr Leben habe der Virus nicht verändert. Die Apotheke müsse immer geöffnet bleiben und nach der Arbeit würde sie eh immer gleich nach Hause gehen. Ihre Wohnung befindet sich nur wenige Meter von der Apotheke entfernt. Aus diesem Grund beschäftige sie die Situation nur bedingt. Trotzdem sieht sie es als ihre Aufgabe an, andere Menschen über den Virus aufzuklären.


Denn Kommunikation sei für sie alles. Ob die Menschen Panik vor dem Virus haben, hänge ihrer Meinung nach davon ab, wie die Regierung die Informationen bereitstellen. Klare Anweisungen seien dabei wichtig.


Aus diesem Grund hält sie die neuen Regulierungen der Regierung für sinnvoll. ,,Ich kann natürlich noch nichts garantieren, weil die rote Zone erst seit gestern auf ganz Italien ausgeweitet wurde, aber wahrscheinlich sind die meisten Italiener mit der Situation zufriedener‘‘. Die rote Zone im Norden sei vielen zu unverständlich gewesen. Aus diesem Grund seien sie auch weniger vorsichtig gewesen. Nun würden sie aber wissen, was zu tun ist. ,,Das heißt aber nicht, dass die Menschen keine Angst mehr vor dem Virus und dessen Auswirkungen haben werden‘‘.


Wie sich die Situation in den nächsten Tagen in Bologna entwickelt, wird sich zeigen. ,,Wir müssen einfach abwarten und sehen, was die Zukunft bringt. Mehr können wir nicht tun‘‘, sagt Giacomo entschlossen.

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