Sie leben vegan, versuchen nicht oder wenig mit dem Auto zu fahren, achten womöglich sogar darauf nachhaltige Kleidung zu kaufen und trotzdem werden sie kritisiert. Vielen Menschen, die im Kampf gegen den Klimawandel ihr Verhalten auf die ein oder andere Weise ändern wollen, wird vorgeworfen das nicht konsequent genug zu machen. Und das oft von Menschen, die meist überhaupt nicht bereit dazu sind ihr Verhalten zu ändern.
Du isst kein Fleisch, aber trinkst Milch? Du fliegst nicht, aber fährst Auto? Das ist inkonsequent. Das mag sein. Aber wieso achten wir bei Menschen, die mindestens einen Schritt in die richtige Richtung gehen so penibel darauf, dass ihr sonstiges Verhalten auch konsequent ist? Ist das überhaupt möglich?
Meine Freundin Stefanie* lebt seit einigen Jahren vegetarisch, seit zwei Jahren sogar vegan. Sie kauft nur Second-Hand, fliegt nicht und engagiert sich für die Umwelt. Das fand ich schon immer bewundernswert. Trotzdem ertappte ich mich manchmal bei dem Gedanken, ihre Taten zu hinterfragen. Warum isst sie Avocado? Warum fährt sie mit dem Auto zum Festival? Das ist aber auch nicht nachhaltig. Dabei finde ich, dass sie schon sehr viel für die Umwelt tut. Konnte sie es sich nicht leisten auch einmal nicht nachhaltig zu agieren ?
Doch gerade von ihr erwartete ich mehr. Dabei kann sie selbst entscheiden in welchem Rahmen sie ihr Leben nachhaltig gestaltet. Kein Fleisch zu essen fällt ihr dabei vielleicht einfacher als komplett auf das Auto zu verzichten. Das ist auch in Ordnung, denn jede gute Tat für die Umwelt kann helfen.
Doch nicht nur normale Menschen haben mit diesem Phänomen kämpfen, auch Influencer und Aktivisten werden damit konfrontiert. Wer zum Beispiel als Umweltschützer nicht zu 100 Prozent nachhaltig lebt, erlebt einen Shitstorm. Ein gutes Beispiel dafür ist Greta Thunberg. Permanent wird ihr vorgeworfen nicht klimaneutral genug zu leben. Ihre Segelreise in die USA sei beispielsweise nicht so nachhaltig wie gedacht, denn die Kapitäne würden wieder mit dem Flugzeug zurückfliegen. Das stimmt natürlich. Bei dieser Kritik wird aber völlig außer Acht gelassen, dass Greta Thunberg sich permanent darum bemüht CO2-frei zu reisen und zu leben.
Aber warum reagiert man so auf Menschen, die die Welt ein kleines bisschen besser machen wollen? Das hat vor allem mit dem eigenen Verhalten zu tun. Jeder weiß, dass man weniger Plastik benutzen sollen, Fleischkonsum der Umwelt schadet und Flugzeuge viel CO2 ausstoßen. Trotzdem leben viele Menschen nicht immer so umweltfreundlich, wie sie es gerne hätten. Menschen wie Stefanie* machen sie mit ihrem Verhalten darauf aufmerksam. Das kann nervig sein, also werden Fehler gesucht. Wie überzeugend vertreten sie ihre Werte selbst? Es wird fast darauf gewartet, dass sie auch etwas falsch machen. Dabei sind sie doch auch nur Menschen und haben vielleicht nicht die Zeit und Ressourcen ihr ganzes Leben zu verändern. Denn ganz und gar klimaneutral zu leben, ist sehr schwierig, wenn es überhaupt möglich ist.
Ein bisschen auf seine Umwelt zu achten, ist also immer hin besser als gar nicht. Natürlich kann und sollte man das Verhalten anderer auch hinterfragen. Trotzdem sollten Kritiker vielleicht zuerst einmal auf ihre eigenes Verhalten achten und sich fragen, inwiefern sie nachhaltiger leben können. Denn niemand ist perfekt.
*Name geändert
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